Da sitzen wir nun: Nach 1 1/2 Jahren Planung und vielen Vorbereitungen
schlürfen wir unser erstes kenianisches Bier noch direkt auf dem Flughafen
von Nairobi. Man muß eben Prioritäten setzen. Statt wie andere Touristen
von im voraus gebuchten Tourguides abgeholt zu werden, verbringen wir
nach mehrfachen Genusses der Hefekaltschorle die erste Nacht auf afrikanischem
Boden unter der Treppe eines Flughafengebäudes. Bei Dunkelheit ist es
zu gefährlich, mit dem Bike nach Nairobi hereinzufahren.
Als wir am nächsten Morgen von drei reinigenden und schwatzenden Frauen
geweckt werden, reiben wir uns ordentlich die Augen: Ja, wir sind offensichtlich
wirklich in Afrika, kaum zu glauben. Flugzeuge sind schon eine eigenartige
Einrichtung. Nicht nur, daß sie Tonnen schwer sind und trotzdem fliegen
können, nein, sie bringen Menschen auch noch in kurzer Zeit von einem
hochentwickelten Industrieland in ein armes Entwicklungsland. Früher,
als es diese Stahlvögel noch nicht gab, war zumindest eine lange Schiffs-
oder Landreise erforderlich, währenddessen man sich auf die zu erwartende
Situation einstellen konnte. Heute schlägt man wenige Stunden nach Verlassen
des heimischen Flughafens die Augen auf und guckt drei erstaunt grinsenden
schwarzen Frauen ins Gesicht, die einem ein freundliches „Good morning“
entgegenschmettern.
Aufstieg zum Mt. Kenia
Es ist stockfinster und nur mit
einer Taschenlampe, die der Führer ganz vorn auf seine Füße hält, wandern
wir mit fünf anderen Touristen über einen schmalen Pfad dem steilen Hang
entgegen, der zum höchsten begehbaren Punkt des Mt. Kenya führen soll.
Wir klettern über Felsvorsprünge und leicht vereiste Bäche. Oft hören
wir das Eis unter unseren Füßen knirschen, bevor der Schuh im kalten Matsch
versinkt. Es ist mehr ein Hochstolpern als Hochwandern. Alle 15 Minuten
legen wir eine kurze Pause ein, um uns zu erholen. In dieser Höhe macht
uns die dünne Luft ziemlich zu schaffen.
Dann
rutscht David plötzlich aus und seine Taschenlampe verschwindet laut scheppernd
in der Tiefe. Zum Glück haben wir eine eigene griffbereit, nur die Batterien
sind schwach. Während Thomas in einer Hütte auf unsere Rückkehr warten
will, treibe ich den Führer an: Für die restlichen knapp 300 Höhenmeter
sind 1 1/2 Stunden einge-plant - wir schafften es in 20 Minuten. Aber
wie! Während unter uns der mehrere hundert Meter tiefe Abgrund gähnt,
springen wir von Stein zu Stein. Ohne Netz und doppelten Boden! Wir rutschen
auf Geröll aus und schlittern tiefer; wenn möglich krallen wir uns mit
den bloßen Fingern in den gefrorenen Schnee. Die Handschuhe habe ich lange
ausgezogen, um besseren Halt zu finden. Mittlerweile bin ich mir sicher,
daß auch David nur ein Möchtegern-Bergführer ist. Als es etwas heller
wird, erkenne ich seine Schuhe: Es sind Gummistiefel!! Das Ganze kommt
mir vor wie ein schlechter Traum. Aber wir schaffen es, kurz vor Sonnenaufgang
sind wir oben. In meinem Kopf hämmert es wie in einer riesigen Fabrikhalle
und mein Atem rast wie in der letz-ten Runde eines Moutainbike-Rennens.
4985 m und - 4° C mitten in Afrika! Der Ausblick auf das gerade erwachende
Kenia ist atemberaubend. Passend dazu bläst der Schwede auf seiner Trompete
einige hundert Meter unter mir die Erkennungsmelodie von Star Wars - was
für ein Gefühl.
Die
Unbeschwertheit finden am nächsten Morgen ein jähes Ende: Thomas liegt
zitternd im Bett. Bei 39° C Fieber und heftigem Durchfall schwinden ihm
sämtliche Sinne. Er sagt fast kein Wort, liegt unter dem Moskitonetz,
als wenn ihn gleich das Zeitliche segnet. Ich krame unser Medizinbuch
hervor, daß uns Hilfestellung in solchen Fällen geben soll. Aber eine
genaue Diagnose ist nicht möglich. Ein bißchen Malaria, ein bißchen Ruhr,
ein bißchen Lebensmittelvergiftung: Alles ist möglich. Wir messen regelmäßig
Fieber und ich sehe mich im Ort schon mal vorsorglich nach Ärzten um.
Abends kann ich Thomas überreden, einen Keks zu essen.
Tansania
Allein durch Tansania
Am nächsten Morgen verabschiede ich mich von Thomas und
verlasse Dodoma. Da es keine genauen Landkarten gibt, informiere ich mich
bei den Einheimischen über Streckenlänge und Übernachtungsmöglichkeiten.
Es ist immer wieder haarsträubend, wie sich diese Angaben von der Wirklichkeit
unterscheiden. So werden aus den für den ersten Tag geplanten 60 km satte
110 km. Und das bei einer Strecke, die richtig fordert: Sand, Sand und
noch mal Sand. 40 kg Rad und Material
durch bis zu vierzig Zentimeter tiefen Sand zu schieben ist eine Tor -
tour statt Rad - tour. Dazu brennt mir die Sonne den ganzen Tag auf den
Pelz und ich komme nur ganz vereinzelt durch kleine Dörfer. Die Hüttenansammlungen
sind so klein, daß es nicht einmal etwas zu essen, geschweige denn Softdrinks
zu trinken gibt. So muß ich mich an das mitgeschleppte Wasser aus meinen
Flaschen halten und esse fast nichts. Völlig geschafft komme ich im Zielort
Cipogoro an. Wie es in dieser trockenen Gegend zu erwarten ist, gibt es
kein Trinkwasser. Um den Sand und Staub von der Haut zu waschen, bekomme
ich 5 l dreckiges, stinkendes Wasser. „Besser als nichts“ denke ich, aber
es dauert nur wenige Minuten, bis ich nach der Wäsche rote Punkte auf
der Haut habe. Als ich nach Essen frage, ernte ich Gelächter: „Sorry,
my friend, this is no area for a restaurant!“
Ich
frühstücke am nächsten Morgen im Schatten eines Baobabs. Vom Vortage habe
ich noch ein paar Chapati und Tomaten übrig. Danach habe ich für eine
Woche ein taubes Gefühl im Mund: vermutlich irgendein bei uns verbotenes
aber exportiertes Insektenschutzmittel auf den Tomaten. Keine Dusche und
kein Essen In einem Ort ohne Namen angekommen wird mir - wie immer lächelnd
- eröffnet, daß dieser Ort keine Übernachtungsmöglichkeit hat. Schön.
Das Zelt habe ich aus Gewichtsgründen Thomas mitgegeben. Nach langem Palaver
kann ich in einem winzigen, dreckigen Lagerraum schlafen, wo mich nur
eine hauchdünne Holzwand vom Lärm einer Bar trennt - an Schlaf ist nicht
zu denken. Nach sieben Stunden schwitzen gibt es heute auch keine Dusche
o.ä. Na gut, dann kann ich gleich in dem T-Shirt schlafen, in dem ich
heute gefahren bin. Das Salz im Kragenbereich macht das T-Shirt ziemlich
„stabil“. Dann noch ein wenig Wasser in die Kniekehlen und hinter die
Ohren damit es beim Schlafen nicht so klebt - und schon gehe ich erfrischt
ins Restaurant. Man ahnt es schon: „Food finished!“ Ich kann mir aber
das mittlerweile zwei Tage alte Omelett aus Mtera, was ich mir als Reserve
eingesteckt hatte, in der Küche aufwärmen. Die Küche ist hier ein stockdunkler
Raum, in dessen Mitte ein Feuer unter einer Pfanne brennt. Die Wände sind
verrußt und überall liegt Asche herum.
Mit mir am Tisch sitzen sechs Massaikrieger im schönsten Schmuck.
Impressionen vom Ngorongoro:
Malawi
Die ehemalige Missionsstation Livingstonia, soll laut Landkarte
nur 18 km entfernt liegen. Nach 25 km gerader Straße am See entlang wird
mir eröffnet, daß es weitere 18 km sind. Aber damit nicht genug. Die kommende
Strecke ist in 20 durchnumerierte Haarnadelkurven unterteilt, die sich
steil in die Höhe schrauben. Das die Piste nicht asphaltiert, sondern
steinig und schwer zu fahren ist,
versteht sich von selbst. Als ich nach 800 Höhenmetern endlich oben ankomme,
tropft das T-Shirt vor Schweiß und ich habe unglaublichen Durst. Ich werde
durch vier Läden geschickt, die alle nichts zu trinken haben. Eigentlich
bin ich ein ruhiger Mensch, aber hier drohe ich aus der Fassung zu geraten.
In jedem kleinen Nest Afrikas kann man irgendwo einen Softdrink auftreiben,
nur hier stehen nur leere Flaschen herum. Schließlich finde ich eine Kanne
Tee. Mit gierigem Blick gieße ich - nach kenianischem Vorbild - das heiße
Getränk in die Untertasse, damit er schneller abkühlt. Vier Augenpaare
sehen mich ungläubig an, als ich das köstliche Naß wie der letzte Mensch
aus der Untertasse schlürfe (mehr).
Den ganzen Tag über bekomme ich nichts zu essen in die Finger
und trinke nur. Damit ich diesen Tag auch noch lange in Erinnerung behalte,
wird die Strecke nach 150 km hügelig. Meine Beine brennenwie Feuer. In
regelmäßigen Abständen durchzuckt mich die Frage, warum ich mir das antue.
Nach 161 km komme ich im Zielort an. Ein kleines, vergessenes Nest, dessen
Existenzberechtigung sich einzig aus der hier vorhandenen Straßenkreuzung
ableitet. Ich besorge mir ein kleines Zimmer - „very basic“. Auf dem Flur
liegen wahllos verteilt benutzte Kondome herum, die im Schummerlicht der
Petroleumlampe kaum zu erkennen sind. Nach diesem harten Tag erwartet
mich das Spezialessen Malawis, wie ich es so lieben gelernt habe: Zähes
Hähnchen mit kaltem Reis. Genau die richtige Grundlage,
um morgen 130 km zu fahren... Als es dunkel wird, gehe ich zu Bett, zumal
die Musik in der Kneipe unerträglich laut ist. Ich liege kaum 20 Minuten,
als es zart an meine Tür klopft. „Do you sleep? Why do you sleep so early?“,
haucht eine weiche, zärtliche, weibliche Stimme durch die verschlossene
Tür. Das ist ja unglaublich! Ich habe den ganzen Abend nicht mal eine
Frau aus der Ferne gesehen, und nun muß ich nur die Tür aufmachen, um
tief in die malawische Gesellschaft einzutauchen.
Durch logistische Ungenauigkeiten - um es nett zu umschreiben
- sind es vom Fähranlandesteg bis Victoria Falls nicht 70 km sondern 180
km. Naja, man kann sich ja mal täuschen. Die Strecke wird bei dieser Hitze
zu einer erheblichen Bewährungsprobe für die Psyche. Das Thermometer meiner
Hightechuhr zeigt 48,5° C als Höchstwert. Wir haben pro Person nur zwei
Äpfel und zwei Orangen als Wegzehrung dabei und müssen unglaublich steile
Berge hoch. Zwischendurch bekommen wir von einem vorbeifahrenden Touristenkonvoi
lauthals Beifall gespendet. Dabei
prosten sie uns mit eisgekühlten Bierflaschen zu und grinsen uns aus ihren
feisten, durch Alkohol leicht geröteten Gesichtern an. Es ist einfach
total bescheuert, bei dieser Mörderhitze fast senkrechte Felswände hochzufahren.
Nur - es gibt genau keine Alternative dazu. Einen kleinen Kiosk entdecken
wir nach mehreren Stunden Fahrt. Aber die Drinks sind ausgegangen - es
ist zum verrückt werden. Zum Glück können wir 2l Wasser in einem Krug
bekommen, in dem zwar tote Fliegen schwimmen, aber dafür haben wir ja
unseren Wasserfilter. Erinnerungen an Tansania werden wach.
Wildwasserfahrt auf dem Sambesi
Nach den ersten zwei Stromschnellen ahnen wir, daß wir uns
auf eine wilde Nummer eingelassen haben: Wir werden durch die Luft geschleudert,
daß Boot wird regelrecht in Wasserwirbel eingesaugt und entkommt dem Untergang
oft nur knapp. Die Rapids haben alle vertrauenerweckende Namen wie „commercial
suicide“ oder „overland truck eater“. Zwischen den Stromschnellen ist
die Fahrt relativ ruhig und entspannend. Wenn da nicht ein Krokodil wäre,
das uns vom Ufer aus beobachtet. Die Offenbarung erwartet uns bei Rapid
Nummer 12, den „Drei Schwestern“. Bei Schwester zwei wird unserer Boot
ohne Vorwarnung und völlig unerwartet durch die Luft geschleudert und
überschlägt sich. Dummerweise verhake ich mich mit einem Fuß in den Halteseilen
und tauche unter dem Boot auf. Da ist es ziemlich dunkel und die Luft
knapp.... Das Paddel habe ich noch immer fest in der Hand und schreie
die Anspannung laut aus mir heraus. Was für ein Erlebnis!Gemeinsam drehen
wir das Boot um und einer nach dem anderen klettert in das Boot zurück.
Der Höhepunkt erwartet uns aber mit Rapid 18 „The Oblivion“. Die Boote
vor uns kentern eines nach dem anderen, und uns ergeht es nicht anders.
Diesmal stürzen wir ziemlich früh um, so daß wir eine ganze Weile ohne
schwimmenden Untersatz durch die Stromschnellen geschleudert werden. Ich
lasse mich noch lange im Sambesi treiben, bis mir ein Bootsführer zuruft,
daß ich wegen der Krokodile besser mal aus dem Wasser kommen sollte. Ach
ja, die hatte ich ganz vergessen.
Südafrika
... Mit diesem Telefonat beginnen drei aufregende Tage,
die den Verlauf der Tour maßgeblich verändern. Thomas ruft seine Freundin
Steffi in Deutschland an. Steffi fühlt sich ohne Thomas einsam.
Jeden Abend schneidet sie ein Stück von einem Maßband ab, und denkt so
immer wieder an ihren Liebsten in der Ferne. Das macht die Sehnsucht natürlich
nicht geringer. Da steht der arme Thomas nun, nachdem er sich über drei
Monate durch das unwegsame Afrikas gekämpft hat: am Arsch der Welt, in
einer gottverlassenen Telefonzelle, am Rande der Wüste. Er hört die tränenerstickte
Stimme seiner Liebsten, die es ohne ihn nicht mehr aushält. Dann ist das
Kleingeld alle, und er steht mit ihren Tränen wieder ganz allein, am Rande
der Wüste, in einer gottverlassenen Telefonzelle, mitten in Afrika. Was
für ein beschissenes Gefühl...
Das Radrennen
Ich orientiere mich vorsichtig nach vorn, Taktik ist angesagt.
Die erste, 12 km lange Runde, fahren wir alle zusammen. ... Aber irgendwie
ist mir die Geschichte noch nicht schnell genug, bei den Downhills
muß ich abbremsen und die Berge fahre ich ohne große Anstrengung hoch.
Nur bei ganz steilen, kurzen senkrechten Passagen muß ich vom Rad steigen,
weil dieser große Rahmen dafür nun einmal nicht gemacht ist. In der dritten
Runde drehe ich dann noch mal richtig auf und bin plötzlich alleine an
der Spitze. Das Unglaubliche geschieht tatsächlich: Ich überquere als
erster die Ziellinie! Was für eine Überraschung! Der Vorsitzende vom Rennkommitee
fragt mich dann: „Was machst Du denn jetzt mit zwei Rädern?“ Zuerst verstehe
ich die Frage nicht, bis es mir schwant: Es gibt etwas zu gewinnen! Und
der erste Preis ist ein neues Mountainbike! Zum Glück bekomme ich bei
der Siegerehrung einen Scheck statt des MTBs. Eine nette Art, die Reisekasse
aufzufrischen (mehr).
Das höchstgelegene Land der Erde: Lesotho
Wie ein reuiger Sünder trete ich vor seinen Schalter und
muß mir Sätze wie „strictly no entrance without visa“ anhören. Die Lage
ist also ernst, Ruhe und sich-Zeit-lassen sind oberstes Gebot. Wir reden
übers Wetter und das Leben an sich, während er dauernd Leute abfertigt,
die einreisen
dürfen. Als schließlich niemand mehr hinter mir steht - wir sprechen mittlerweile
über die Radtour - und keiner seiner Kollegen hinsieht, schreibt er geradezu
spielerisch „40 Rand“ auf einen Zettel. Ich antworte wie nebenbei „twenty“,
er nickt, und als wieder keiner hinsieht, schiebe ich ihm eine 20 Rand-Geldnote
durchs Fenster. Daraufhin erhalte ich den wichtigen Stempel in meinen
Paß, wonach ich innerhalb von drei Tagen in der Hauptstadt Maseru ein
ordentliches Visum besorgen muß. Es findet sich immer ein Weg - ich liebe
Afrika ...
Zur namibischen Grenze
Aus Kapstadt herauszufahren, ist ein komisches Gefühl. Mir
wird dabei richtig bewußt, wie allein ich auf diesem riesigen Kontinent
bin. Ich fahre zwar schon seit zwei Monaten alleine durch Afrika, aber
habe Thomas immer wieder getroffen. Nun ist er in Deutschland - mehrere
tausend Kilometer entfernt. Zum Glück liegt der erste landschaftliche
Höhepunkt nur wenige Kilometer außerhalb der Stadtgrenze, so daß ich durch
den atemberaubenden Blick von Bloubergstrand auf die Weltstadt abgelenkt
werde. Von hieraus hat man die wohl beste Sicht auf Kapstadt. Am langen
Strand stehend blickt man über einige Kilometer Ozean direkt auf die große
Stadt, die so direkt unter dem Tafelberg liegt. Ein Muß für jeden Fotografen.
Namibia
Die erste Etappe von der Grenze nach Grünau hat es in sich:
Es geht fast bis Grünau langsam und schleichend Berg hoch. 150 km mit
zwei Kurven, einem Baum und keiner menschlichen Behausung. Wassermäßig
und psychisch hatte ich mich glücklicherweise darauf eingestellt. Trotz
flacher, absolut abwechslungsloser Landschaft fasziniert mich die Strecke.
Ärgerlich ist dabei nur meine Mittagspause
in glühender Hitze. Ich lehne mein Rad an einen Zaun, als plötzlich das
Vorderrad im Erdboden versinkt! Das gibt's doch gar nicht. Als ich es
raus ziehen will, rutsche ich auch mit dem Fuß in eine zähe, klebrige
Öllache. Zuerst vermute ich noch, daß ich vielleicht ein Erdölvorkommen
entdeckt habe und demnächst reich bin. Aber näher liegt die Vermutung,
daß irgendein Idiot seinen Ölwechsel am Straßenrand vorgenommen hat. Und
ausgerechnet hier mache ich meine Mittagspause.... Als Höhepunkt des Tages
stellt sich der Zielort als totes Nest heraus: eine breite, staubige Straße,
drei Häuser, eine Tankstelle, ein geschlossenes Lebensmittelgeschäft.
Spitzkoppe
Die Spitzkoppe ist ein Berg, der ganz allein
aus der flachen Wüste herausragt. Die Ähnlichkeit mit
dem Ayers Rock in Australien ist verblüffend. Es gibt aber einen entscheidenden
Unterschied zum Ayers Rock: Während sich dort mehrere tausend Menschen
auf, um und neben dem Fels herumtreiben, bin ich hier völlig allein. Ich
fahre mit dem Bike und vollem Gepäck auf dem Felsen herum und genieße
die gigantische Gegend. Riesige, abgerundete Felspartien, die Büsche wie
Winzlinge erscheinen lassen.... Kurz bevor die Sonne am Horizont versinkt,
taucht das Licht die gewaltige Bergformation in gleißendes rotes Licht.
Je tiefer die Sonne sinkt, desto roter wird die Felsfarbe. Ein Farbspektakel,
was sonst wohl wirklich nur noch der Ayers Rock zu bieten hat. Sagenhaft.
... Es ist totenstill, fast unheimlich. Ich bin allein in der Wüste.
Auf der Landkarte ist meine Straße als kleiner
Weg eingezeichnet. Von dieser Strecke geht offensichtlich nicht eine einzige
Straße ab, und das auf ungefähr 140 km. Das heißt, daß ich mich ausschließlich
an meinem Fahrradcomputer orientieren kann, wie weit ich etwa noch zu
fahren habe. ... Ansonsten gibt es zwischen Kilometer 20 und 100 keinen
Unterschied. Für das perfekte Wüstengefühl fällt just jetzt mein Fahrradcomputer
aus. Das kann nicht wahr sein! Ich merke das erste Mal, wie wichtig dieses
kleine Teil ist. Denn jetzt fahre ich ohne jede Orientierung einfach immer
geradeaus, ohne Kreuzung, ohne Kurve, ohne die geringste Landschaftsveränderung.
Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo ich ungefähr bin. Irgendwann muß
am Horizont Hentiesbaai auftauchen....