
Vaetternrundan
-
300 Kilometer am Stück
Die Vorbereitung
Anfang des Jahres ist die Idee in unseren Köpfen entstanden, an dieser
Tour teilzunehmen. Seitdem trainieren wir nach Möglichkeit zusammen, meist
allerdings aus Zeitgründen in Kleingruppen. Unsere Startzeit soll um 1:12
Uhr, am Samstag den 15 Juni sein.
Am Donnerstag fahren wir über die Vogelfluglinie nach Dänemark und übernachten
in Hütten auf einem
Zeltplatz. Tolle Idee von Ingo - denn so müssen wir unsere Zelte nicht
im Regen aufbauen. Um am Vorabend der Veranstaltung möglichst lange schlafen
zu können, ist eine Übernachtung weit vom Startort entfernt durchaus sinnvoll,
damit es nicht zu laut ist. Wir haben den Abend mit Vorbereitungen verbracht,
wie sie für Profis typisch sind: Jim Beam, Bier und Zigaretten. Die besten
Voraussetzungen, um sich Mut zu machen. Die Stimmung ist klasse und die
Vorstellung, morgen 300 Kilometer bei strömenden Regen und Gegenwind auf
dem Fahrrad zu sitzen beflügelt unsere Phantasie.
Schweden
Der
erste Blick auf den See wird mit Jubeln begrüßt! Wir suchen einen unkonventionellen
Zeltplatz am Rande der Stadt Motala auf: Ein Fußballfeld. Michael kennt
diesen Geheimtipp bereits aus dem Vorjahr: Er ist preisgünstig und weit
entfernt von der Startzone des Rennens, die mit Lautsprechern keinen Radler
zur Ruhe kommen läßt. Große Freude entsteht beim Zeltaufbau: Nach zweijährigem
Suchen taucht die Strandmuschel von Ingo wieder auf. Dieses Zeltähnliche
Freizeitgerät hatte sich im Packsack des Zeltes versteckt. Wo sich nun
allerdings das Zelt befindet, bleibt vorläufig unklar. So schläft Roland
im Auto, Hendrik in Michaels Zelt und Ingo mit in meinem. (Aber das mit
den Hütten in Dänemark war wirklich eine tolle Idee, Ingo!)
Die Startphase
Die
Organisation in Motala ist wirklich beeindruckend. Obwohl über 17.000
Starter mit Startnummern, Transponder und Informationen zu versorgen sind,
geht es reibungslos und schnell. Selbst der Wechsel in eine andere Startgruppe,
damit wir alle gemeinsam starten können, gelingt schnell und problemlos.
Neben der Organisationshalle können wir uns auf der kleinen Messe nebenan
noch mit billiger Radbekleidung und anderen Radartikeln eindecken. Stephan
kauft noch schnell dicke Handschuhe. Bevor es losgeht haben wir noch etwas
Zeit und machen eine kleine Pasta-Party: Thomas hat eine leckere Spaghettisoße
gekocht, Michael und ich steuern Spaghetti dazu und es findet sich sogar
noch eine Dose Parmesankäse. Sieben Radfahrermägen werden satt - beste
Grundlage für ein kleines Schläfchen vor dem Start.
Eine halbe Stunde vor dem Start radeln wir ins Zentrum vom Motala. Der
Regen hat sich verzogen und es ist ziemlich hell. Trotzdem darf die Beleuchtungskontrolle
nicht fehlen und schon stehen wir um 1:12 zum Start bereit. Ein Motorrad
fährt vorne weg und begleitet uns aus der Stadt hinaus. Wir fahren über
einen kleinen Zeitnehmer, es piepst und das ist das Startsignal: Vor uns
schon Tausende Radfahrer, eine lange Reihe roter Rücklichter, wir rollen
die ersten Meter. Toll! Darauf haben wir ein halbes Jahr hin trainiert.
Die Rundfahrt
Wir
bleiben als Gruppe zusammen und bereiten mit unserem Enthusiasmus auch
anderen Freude: Wir fahren in großen Gruppen meist vorn und geben anderen
Windschatten. Nicht gerade kraftsparend, aber es macht Spaß. Die Verpflegungsstellen
nutzen wir immer ausgiebig zum trinken, essen und klönen. Besonders die
Blaubeersuppe (warm) ist zu empfehlen. Daneben gibt es Salzgurken und
labberige Brötchen, die sehr gut zur Blaubeersuppe passen. An der ersten
großen Verpflegungsstation in Jönköping werden Würstchen mit Kartoffelpüree
angeboten (Fachjargon: Fensterkit). Das tut gut.
Es ist mittlerweile hell geworden und das Wetter ist traumhaft. Allerbeste
Bedingungen lassen uns schnell durch typisch schwedische Landschaft radeln.
Wir schaffen einen guten 28er km/h-Schnitt auf den 300 Kilometern und
sind selbst erstaunt, wie gut das geht. Manchmal schließen wir uns größeren
Gruppen an, manchmal sprinten wir zum Spaß um die Wette - einfach herrlich.
Regelmäßig geben wir Hendrik Windschatten, damit er mir seinem Wap-Handy
aktuelle und lebenswichtige Informationen beschaffen kann: Heute spielt
die deutsche Nationalmannschaft im Halbfinale der Fußball-WM gegen Paraguay!
Das 1:0 wird per Fahrradkurier um den ganzen See getragen.
Nachdem
es morgens etwas wärmer wird, ziehen wir unsere dicken Radklamotten aus
und schicken sie zurück. Wieder eine perfekte Organisation: Von jeder
Verpflegungsstelle aus ist das möglich. Am Ende senden wir 5 Plastikbeutel
zurück! Wer hat das bloß vorher alles mit sich herumgetragen?
Die zweite große Verpflegungsstelle ist in Hjo: Lasagne und kaltes Gemüse
gibt es zur Stärkung. Die haben wir auch nötig, denn unser Selbstbewußtsein
wird angegriffen: Ruhig in einer Gruppe mitfahrend, werden wir von Sylvia
Mundt aus Neubrandenburg überholt. Nichts schlimmes, wenn sie nicht einen
Einkaufskorb auf ihrem Gepäckträger hätte. "Hey, wir sind schnelle Rennradfahrer!
Da können wir uns doch nicht einfach von einem Einkaufskorb überholen
lassen!" Viermal überholen wir uns gegenseitig - Sylvia macht es Spaß:
"Ich wollte schon immer mal eine große Rennradgruppe anführen", sagt sie
strahlend. Wir nutzen den Einkaufskorb als Windschatten... am Ende braucht
sie über 17 Stunden für die Rundfahrt und wird bestimmt unsere erstaunten
Gesichter nicht so schnell vergessen.
40
km vor dem Ende der Rundfahrt teilen wir uns, damit einige sich noch mal
richtig austoben können. Es ist schon unglaublich, wie man mit 250 Kilometer
in den Beinen noch Sprints fahren kann. Am Ende kommen alle heil in Motala
ins Ziel, z. T. mit echten Zielsprints, was in einer so großen Teilnehmergruppe
natürlich Unsinn ist, aber einfach Spaß macht ;-)

Nach gut 13 Stunden sind wir im Ziel, 10,5 Stunden reine Fahrtzeit. Alle
sind überglücklich und lassen sich die Medaille stolz um den Hals hängen:
Das Ziel, welches zu Jahresbeginn noch völlig utopisch am Horizont stand,
ist geschafft. Im Zielbereich gibt es Freibier, was uns heute nicht mehr
locken kann. Wir freuen uns auf eine warme Dusche. Auf unseren Zeltplatz
sind schon viele andere Radler zurückgekehrt, die sich auch schon auf
das warme Naß gefreut haben. Mit dem Ergebnis, daß die Duschen nur
noch über kaltes Wasser verfügen. Aaahh, das ist ja ein wahres Vergnügen.
Wir
gehen noch schnell eine Pizza essen, danach fallen wir in die Schlafsäcke
und schlafen bis zum nächsten Morgen. 300 km sind geschafft. Auf der Rückfahrt
werten wir das Rennen immer wieder aus: Tolle Organisation und viel Spaß:
Zum Wiederholen zu empfehlen.
Vaetternrundan 2003
Bericht von Thomas Balzer
Die Schwedentour war auch in diesem ganz prächtig. Wir lagen uns wieder
in den Armen - im Ziel. Es war in der Nacht wesentlich kälter als im vergangenen
Jahr, tagsüber bedeckt mit teilweise giftigem Wind. Die letzen 100 km
zog ein Gewitter auf - mit drei heftigen Regengüssen, immer wieder begleitet
von "Sonnenfenstern", drei Mal Regenjacke an und aus. 
Der Start um 1:42 Uhr mit riesigem Vollmond voraus - super. Es war wieder
diese abgefahrene Situation runter zum Start (wir waren wieder auf dem
Fußballplatz, die Duschen waren neu aber immer noch kalt). Die Straßen
sind menschenleer, zuerst hörst Du in der Stille die Stimme des Ansagers
dröhnen, dann die Scheinwerfer von oben, dann Tausende Radler in den Startboxen
und darüber der Mond.
Bis Kilometer 43 haben wir ganz schön Stoff gegeben, nach dem ersten
Heidelbeer-Brötchen-Stopp konnten wir uns an eine 50er Gruppe hängen und
surrten durch die Nacht - zum Süchtigwerden schön. Die Kälte war lästig.
An der schönsten Piss-Rinne des Rennens - 38 Kilometer vor Jönköping mit
Blick auf den Vätternsee - kamen uns die ersten Busse mit "Abbrechern"
entgegen. Entweder haben wir im vergangenen Jahr nicht darauf geachtet,
oder die Kälte forderte ihren Tribut.
Nach
dem eckligen Kartoffelbrei stiegen wir wieder an der Westseite des Vätternsees
zur Hügelkette auf. Es lief bei allen ganz rund und wir erwischten nach
50 km einen dänischen Altherren-Express, eine ganz wunderbare Truppe,
die nächsten 150 km Kilometer purzelten, dann ging es in die Mittagszeit
und die Gewitter.
Das Bergtraining auf Mallorca - denke
ich - hat mich gerettet. Ich bekam ab 180 km noch eine "zweite Luft" -
wir trafen uns dann immer wieder an den Fresspunkten. Die letzen 100 km
in den Hügelketten mit Regen und Gewitter waren dann echt anstrengend,
ich erwischte eine Zehner-Gruppe, die mir später aber zu langsam war.
Im Ziel war es dann wieder trocken, die Stimmung prima. Meine reine Fahrzeit
war in diesem Jahr 11:20 h, also ca. 30 min mehr als im vergangenen Jahr.
Absolut empfehlenswert war unsere An- und Abreise: über Rostock
mit der Fähre nach Trelleborg (15:15 - 20:30 Uhr) und weiter an einen
schönen See zum Übernachten (Stephan hat den ausgesucht). Am Freitag die
400 km hoch nach Motala auf den Fußballplatz. Auf der Fähre lagen wir
in der Sonne (ich hinterher mit Sonnenbrand), da gibt es völlig entspannt
ab 19:00 Uhr ein tolles Bufett. Auf der Rücktour sind wir Sonntag (wieder
15:15 Uhr) ab Trelleborg mit der Fähre gefahren - der Hit: auf der Fähre
gibt es neben Sonnendeck und Bufett - eine SAUNA!!!!!!! Völlig entspannt
waren wir gegen 23 Uhr zurück in Schwerin.
Die Veranstaltungsseiten auf Deutsch:

|