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Weitere Wintertouren
Wintertour 2014
Durch die Uckermark und eine Stippvisite in Polen
Endlich wieder rauf aufs Rad, endlich wieder bei Frost und Schnee am
Lagerfeuer sitzen und klönen. Das dritte Jahr in Folge stand die
Winterradtour an – das gab es noch nie. Bisher haben immer geborene
Kinder, gekaufte Häuser oder auch simple Erkältungen regelmäßige
Wintertouren unterbunden. Aber dieses Mal war es soweit. Nur: Frost und
Schnee waren Mangelware. Es war um 0°C herum – aber mehr im
Plusbereich und „Schnee“ waren nur noch vereinzelte Schneereste,
die an schattigen Plätzchen noch zu finden waren.
Macht nichts: Termin ist Termin und schließlich planen wir ein
solches Wochenende immer schon drei Monate im Voraus, damit wir langfristig
dieses eine Wochenende frei halten. Nun fahren wir mit dem Auto zu unserem
Startpunkt, diesmal Wittstock, und es regnet in strömen.
Zum Glück können wir bei Freunden inklusive Auto in einer großen
Traktorenhalle unterkommen. Am nächsten Morgen dann: Nasse Straße,
aber kein Regen mehr – und so um 7°C herum. Auf geht´s,
nun gibt es keine Ausreden mehr, wir fahren los. Etwas belächelt
von unseren Freunden, die entspannt und mit einem „bis Montag dann“,
zur Arbeit gehen.
Wir fahren bis Flecken Zechlin und beginnen erst jetzt,
uns über die Route Gedanken zu machen. Strecke und Startort sind
wie folgt per Emailkommunikation entstanden: „Wo wollen wir hinfahren?“
– „Weiß nicht, Abstecher nach Polen wäre nett“.
Anhang: Screenshot google-maps kurz in Photoshop geladen, dort einen Kreis
drauf gemalt – zurück gemailt. „Super, machen wir so“
Anhang: Statt gemaltem Kreis mit google-maps die Route auf die Straßen
geklickt. 440 km Streckenlänge. Das ist zu viel, aber passt erst
einmal. „Kaufe mal eine Landkarte“ – „OK, bis
Donnerstag, 19 Uhr in HH“.
Mit dieser „intensiven“ Vorarbeit stehen wir nun an der Kreuzung
und überlegen, ob wir den imaginären Kreis nun oben- oder untenherum
fahren. Am Ende entscheiden wir uns für „untenherum“,
damit wir im Notfall auf dem Rückweg noch etwas abkürzen können.
Was wir am Ende auch bitter nötig haben – aber dazu später.
Wir
versuchen möglichst wenig auf Straßen zu fahren, sondern nutzen
Radwege, die etwas abseits liegen. Immer wieder stoßen wir in unserer
Richtung auf Teile von Radwegerouten wie Berlin
– Kopenhagen etc., die wir gern mit einbinden. Obwohl wir
beruflich alles möglichst langfristig und genau planen, entscheiden
wir hier immer wieder spontan, welchen Weg wir nun nehmen. Wir hatten
vorher überlegt, ob wir die Route genauer planen, die Strecke für´s
Navi programmieren, das Navi dann an den Lenker stecken und der geplanten
Route einfach nur folgen. Geht ja alles. Aber wir wollten mal wieder mit
weniger Technik unterwegs sein und uns davon nicht abhängig machen.
Ok, natürlich können wir über unseren Nabendynamo Strom
gewinnen und dadurch die Handys laden – aber mehr auch nicht. Das
in den Handys dann zumindest Kompass und Navi versteckt sind, hat uns
dann aber doch ein paar Mal geholfen, als wir „Spezialabkürzungen“
gefolgt sind.
„Spezialabkürzungen“ kennen alle Radtourer: „Wenn
wir da diese kleine Straße finden, können wir dort einen Kilometer
sparen“. Das diese kleine Straße dann aus losen Kopfsteinpflastersteinen
besteht und schlammig und matschig ist… naja. Kürzer ist es,
schöner auch, aber es dauert oft länger.
Während
wir noch über die Möglichkeiten der Fahrradindustrie im Automobilsektor
philosophieren, gibt es ein hässliches knacken: Der Gepäcktaschenhaken
an Stephans Satteltasche ist gebrochen. Kurz überlegen wir, wie man
diesen elementaren Schaden beheben könnte, da zieht Stephan einen
Spanngurt aus der Tasche. „Für alle Fälle immer dabei“
– Super, das Teil ist genau die richtige Lösung für unser
Problem. Nach kurzer Reparatur kann es weiter gehen – das Provisorium
hält bis zum letzten Tag.
Die Strecke ist schön, immer auf kleinen Wegen geht es Richtung Osten.
Oft fahren wir dabei auf Wanderwegen, die mit unseren Mountainbikes gut
zu befahren sind. In Friedrichswalde füllen wir
in einer Bäckerei unsere Wassersäcke und fragen wenig später
in einem kleinen Dorf einen Rentner, wo man denn hier gut zelten könnte.
Er nennt uns gleich mehrere Möglichkeiten und so finden wir kurz
vor Sonnenuntergang einen schönen Platz am See. Hier hat lange keiner
mehr Lagerfeuer gemacht, damit ist das Holzsammeln kein Problem. Als es
dunkel ist und der Magen knurrt gibt es das traditionelle Wintertour-Leckerli:
Ravioli aus der Dose. Dass dieses Zeug noch hergestellt und offensichtlich
von mehr Menschen als uns zur Wintertour gekauft wird, finde ich immer
wieder erstaunlich. Aber sooo schlecht schmeckt es nicht und es füllt
den Bauch. Auf Glühwein haben wir ob der Wärme dieses Mal verzichtet
und genießen gleich ein Pils am Lagerfeuer. Etwa 110 km sind wir
heute gefahren. Viel zu viel für unsere alten Knochen.
Am
Samstag finden wir nach 30 km einen Bäcker, bei dem wir unsere Frühstücksbrötchen
kaufen – irgendwo bei Angermünde. Allerdings
stellen wir fest, dass wir es wohl nicht schaffen werden, heute nach Polen
einzureisen und am gleichen Tag wieder hinaus, wir werden in Polen zelten.
Auf dem Weg dorthin stoßen wir auf den Oder-Neiße-Radweg,
der uns bis zum Grenzübergang bei Hohenwutzen führt.
Hier erwartet uns starker Autoverkehr über die Oder
– der aber nur für ca. 800m anhält: Die Blechkarawane
fährt bis zum „größten Polenmarkt von Berlin“,
tankt dort, kauft Zigaretten oder was auch immer – und fährt
wieder zurück. Schon im nächsten kleinen Ort ist vom Grenzverkehr
nichts mehr zu spüren.
Kurz hinter Cedynia fragen wir nach Wasser – und
die gute Frau kann kein Wort Deutsch! Wie schön! Endlich in einem
anderen Land, Verständigung mit Händen, Füßen und
Lächeln, und Wasser bekommen wir auch.
Ein paar Kilometer weiter finden wir – nachdem wir eine Weile über
Waldwege gefahren sind – einen tollen Platz mit Blick auf die Oder.
Hier genießen wir den Ausblick und das Lagerfeuer – nur die
Wildschweine sind davon nicht so begeistert: Es grunzt und schnaubt in
unserer Nähe, aber zum Glück kommt es nicht zu einer tätlichen
Auseinandersetzung.
Der lange Weg über die Oder führt nach Schwedt.
Hier frühstücken wir auf einer Bank der schönen Uferpromenade
an der Oder. Dann ist es mit der Ruhe vorbei: Wir haben Windstärke
5 von vorn! In einer wunderschönen, gewellten Landschaft, die aber
kaum Schutz vor dem Wind bietet. Wir erinnern uns an den etwa 10tägigen
Gegenwind „damals“, als wir auf der Radtour um die Welt den
Mittleren Westen der USA durchquert haben. Was für
eine Quälerei! Hier in der Uckermark freuen wir uns zwar über
das schöne Wetter und die tolle Landschaft, sind aber nicht so weit
vorangekommen, wie wir wollten. Macht nichts, dafür haben wir wieder
einen wunderschönen Platz am See gefunden. Vorher gab es in Templin
noch die Suche nach ein paar Flaschen landestypischen Pilses – was
nicht einfach war. In dieser doch recht großen Stadt hatte am Ende
nur ein kleiner Vietnamesen-Imbiss geöffnet. Die Frau am Tresen hat
sich über die einzigen Gäste sehr gefreut und uns auch mit Wasser
versorgt. 
Den Platz am See haben wir über einen schmalen Waldweg gefunden,
trotzdem ahnten wir, dass diese Stelle nicht ganz ideal ist. Schilder
wie „Grillen und zelten verboten“ galten möglicherweise
auch für uns, aber wer konnte das schon genau wissen? Vielleicht
doch nur für Jugendliche, die im Sommer keine Feten veranstalten
sollen?
Es kam, was selten kommt: Am nächsten Morgen führte der Morgenspaziergang
Herrchen und Hund auf dieses Stückchen Erde, fernab der Zivilisation.
Er sah uns, schüttelte den Kopf und zählte die Schutzgebietsformen
auf, die hier gelten würden. Es fehlte im Wesentlichen nichts –
aber wir hatten dazu wirklich keine Schilder gesehen. Ob Hinweise etwas
geändert hätten, lasse ich mal dahin gestellt. Aber statt dann
mit Polizei und Bürgerwehr zu drohen, sagte er nur „Och Männer,
dass muss doch nicht sein!“ Das war sicherlich am wirkungsvollsten;
in jedem Fall sinnvoller als die üblicherweise zu erwartenden Drohgebärden.
Aber was soll man auch sagen, wenn da fast 50jähige Männer im
Winter campen? Eigentlich nur „Guten Morgen“.
Nachdem wir am Vortag durch den Wind zu wenige Kilometer gefahren waren,
haben wir heute deutlich über 100km vor uns, schließlich mussten
wir zum Auto zurück. Es ist nicht mehr so windig und außerdem
schützt auch die waldige Landschaft etwas. Aber schnell wird uns
klar, dass wir es nur ganz schwer im Laufe des Tages bis zu unserem Ziel
schaffen würden. Da halfen nur Abkürzungen.
Über die Beschaffenheit von Abkürzungen habe ich ja schon berichtet
– diesmal sollte es richtig gut werden. Wir fuhren fast den ganzen
Tag über Waldwege, es waren tatsächlich deutlich weniger Kilometer,
als wir es über die Straßen hätten machen müssen.
Die Strecke war dadurch immer landschaftlich schön, auch wenn der
Sand- und Waldboden manchmal das Fortkommen schwieriger machte. Aber es
war ok, besonders das Ufer des Stechlinsees war wunderschön.
Am Ende dieses Sees steht das KKW Rheinsberg. KKW? Ja,
das steht tatsächlich für Kernkraftwerk. Gebaut in einer herausragenden
Landschaft, tief versteckt im Wald. Das Werkstor stand offen, aber die
Kamera deutete zumindest an, dass man nicht so ohne weiteres hineinfahren
sollte. Also: Roten Knopf drücken. Dabei flog das KKW nicht in die
Luft, aber es meldete sich ein Gesprächspartner, der sich mühte,
uns den weiteren Weg zu beschreiben. Das gelang ihm auch ganz gut und
nach langer Waldwegefahrt kamen wir in Zechlinerhütte
heraus. Selten waren wir so froh über Asphalt unter unseren Rädern.
Zwar bot sich eine erneute Abkürzung zum Flecken Zechlin
an, aber dieses Mal verzichteten wir darauf und blieben auf der Straße.
So kamen wir mit Einbruch der Dunkelheit in Wittstock an. Nach über
110 km waren wir dann ausgelaugt, zumal die Wanderwege-Kilometer durchaus
doppelt zählen könnten.
Es
war wieder geschafft! Nach ca. 375 km in vier Tagen waren wir an unserem
Ausgangspunkt angekommen. Schnell die Räder wieder im Auto verstaut,
und schon fuhren wir Richtung Westen. Noch tagelang sollte es in den Beinen
ziehen und der Hintern etwas schmerzen… aber es war eine schöne
Tour: Auf ein Neues im nächsten Jahr.
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