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Wintertour 2012

Der kälteste Winter seit 50 Jahren

... und wir verabreden eine Radtour für dieses Wochenende. Nun mag man Männern mangelnde Flexibilität oder klare Konsequenz vorwerfen oder zu Gute halten: Die Wochenenden sind rar, die Verpflichtungen zahlreich, so dass ein gemeinsames Wochenende schon mindestens zwei Monate im Voraus festgelegt werden muss. Da helfen auch keine Wettermeldungen oder warnende Emails, die der Delete-Taste zum Opfer fallen.


Während die Kollegen beim warmen Frühstückskaffee davon ausgehen, das die Tour abgesagt und der Chef entspannt zu Hause vor dem Kamin sitzt, beladen wir unsere Fahrräder in der Nähe von Magdeburg mit den Packtaschen und fragen die erstaunte Hotelbesitzerin, ob das Auto hier für ein paar Tage stehen bleiben kann. „Ja sicher, kein Problem, aber bei diesem Wetter auf dem Rad, ist doch viel zu kalt. Na Hauptsache, Sie können sich abends immer aufwärmen“. Die gute Frau hat keine Ahnung von Radtouren, sonst hätte sie sicher Zelt, Isomatte und Schlafsack entdeckt. Damit geht man nicht ins Hotel :-)

Wir steuern die erste Elbfähre an, um auf der linken Elbseite nach Norden zu fahren, aber schon 8 Kilometer vor der Fähre sprechen uns Straßenbauer an und verraten uns, dass alle Elbfähren wegen Eisganges geschlossen sind. „Der Elbradweg ist aber offen“ lachen Sie und wünschen uns eine gute Weiterfahrt. Den Weg nehmen wir dann auch. Herrlich auf dem Elbdeich entlang, strahlender Sonnenschein und eine beeindruckende Elbe, auf der große Eisschollen schwimmen.
Allerdings ist die Deichkrone, dort wo sie nicht mit Steinen belegt ist, nur sehr Kräfte raubend zu befahren, da die harsche Schneedecke den Reifen einen harten Widerstand entgegensetzt. Also fahren wir bald parallel zum Deich und genießen die klare Luft bei -10°C. Begleitend werden wir dabei über einen langen Abschnitt von Rehherden – so wie es bei der Tour de France oft die Pferde sind.


Am späten Nachmittag bitten wir eine Frau, die gerade ihre Katzen füttert, um Wasser. Sie kommt mit zwei Gläsern und einer Flasche Mineralwasser vor die Tür. „Oh, vielen Dank, aber wir freuen uns über etwas Leitungswasser in unsere Wassersäcke“, bedanken wir uns brav und bekommen wenig später unsere 5l-Säcke aufgefüllt zurück.


Nach zwei bis drei weiteren Kilometern schlagen wir uns links in einen Wald, um einen Zeltplatz zu finden. Wir finden eine schöne Lichtung und beginnen sofort mit dem Holzsammeln. Da ist man im Wald klar im Vorteil: Während an Seen meist nur wenig Holz zu finden ist, weil dort auch immer Sommer gern ein Lagerfeuer gemacht wird, finden wir hier ausreichend alte Bäume, die uns einen warmen Abend versprechen.
Wir bauen das Zelt auf, entrollen Isomatten und Schlafsäcke und entfachen ein herrliches Feuer. Und zum ersten Mal nutzen wir unseren neuen Luxus…. Im laufe von über 20 Jahren, die wir nun immer mal wieder im Winter für ein paar Tage unterwegs sind, sind die Zeichen der Zeit und die enorme Weiterentwicklung der Outdoor-Technik nicht an uns vorüber gegangen. Die Isomatten werden dicker, die Schlafsäcke wärmer, die Räder besser – und nun eben dieser neue Luxus: Zwei kleine Stühle. Nicht mehr am Boden kauern, sich irgendwelche krummen Äste als Sitz hinrollen – dass lässt sich schon wirklich genießen.


Am nächsten Morgen haben wir -17°C beim Zeltabbau und müssen uns erst einmal warm radeln. Wir finden einen Supermarkt, wo wir etwas zu essen bekommen und fahren Richtung Norden weiter. Am Tage sind es zwischen 8 und 11 Grad Minus, unsere Sturmmasken schützen uns vor der Kälte. Nur die Essenspausen fallen etwas kurz aus, weil man doch sehr schnell auskühlt. Außerdem ist die streichzarte Butter steinhart und auch der Honig lässt sich kaum aus der Tube quetschen.
Abends, nordöstlich von Neuruppin, „tanken“ wir Wasser und schlagen unser Zelt auf einer Lichtung im Wald auf. Die Nacht soll kälter werden, was schon deutlich zu spüren ist. Wir sammeln viel Holz, diesmal schön gerade gewachsen, so dass sich auch lange Baumstämme bequem ins Feuer schieben lassen.
Am nächsten Morgen ist alles mit Eis überzogen, inklusive Teile des Schlafsacks. Es ist bitterkalt und wir sind froh, dass wir noch schnell ein Feuer anzünden, um uns während des Zeltabbaus immer mal wieder die Hände zu wärmen. -20°C waren es bestimmt in dieser Nacht. Damit haben wir unsere bisherige Rekordmarke erreicht: Vor etwa 25 Jahren hatten wir einen ähnlich kalten Winter, bei dem wir auch unterwegs waren. Damals wollten wir uns in eine Jugendherberge flüchten, die leider geschlossen hatte. So campierten wir auf dem offenen Gelände nebenan und fanden in einer alten Tür ausreichend Brennstoff für die Nacht.
Frühstück gibt es an diesem Morgen auf einem Autohof, nachdem wir bei -16°C die ersten 30 Kilometer hinter uns gelassen haben. Im laufe des Tages wird es nur unwesentlich wärmer, während wir über kleine Strassen in Richtung Rathenow rollen. Dafür gibt es den traditionellen Wintertour-Plattfuß bei -12°. Vorn, aber bei diesen Temperaturen auch kein reines Vergnügen.
In einem kleinen Restaurant füllten wir unsere Wassersäcke auf und lassen der mürrischen Bedienung 50 ct. für die Toilettenbenutzung da. Und wieder geht es in ein Waldstück. Dies muss umso schneller geschehen, da das Wasser in den Beuteln immer schneller gefriert. Nachdem das Feuer brennt und es um 18 Uhr abends schon -18°C kalt ist, stellen wir uns auf eine harte Nacht ein. Denn selbst wenn ein Schlafsack schon behauptet, dass er eine Komforttemperatur von -15° erzeugt (für Frauen -4°, kein Scherz :-), reicht das für die kommende Nacht nicht aus. So genießen wir den O-Saft, der sich wie crushes ice trinken lässt und natürlich eine leckere Hopfenkaltschorle, die wir immer dicht am Feuer vor dem zufrieren bewahren.

Eigentlich war die Nacht nicht so schlimm, auch wenn es -23°C geworden sind. Auf dem Schlafsack hatte sich Eis durch den Atem abgesetzt und alles war klirrend kalt. Der schwierigste Moment ist immer das öffnen des Reißverschlusses, um sich anzuziehen. Brrr. Und dann schnell ein Feuer machen – und natürlich Fotos von dieser Eiseskälte. Neben ein paar Keksen gibt es erst nach 50 km ein Frühstück – draußen vor einem Supermarkt stehend. In den kleinen Ortschaften lohnt es sich nicht einmal für Bäcker mehr. Aber was soll ´s, wir werden heute unser Auto wieder erreichen. Den ganzen Tag müssen wir aber vorher noch bei durchgängig -14°C auf unseren Rädern sitzen, was schon eine gleichbleibende Herausforderung darstellt. Die Atemluft gefriert so schnell, dass ich einen langen Eiszapfen am Kinn habe.
Nach insgesamt 355 Kilometern steigen wir von den kalten Rädern und brauchen eine ganze Weile, bis wir wieder richtig auftauen.


nnnnn

 

 

Ganz speziell für Fahrradteile