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Winterradtour 2006

Während der Eiszeit auf der Eiszeitroute

Manchmal fragt man sich, warum keine anderen Radtourer auf der Strasse sind: Bestes Wetter, kaum Wind, wunderschöne Natur um uns herum – was gibt es Schöneres. Ungewöhnlich vielleicht der Schnee auf den Feldern, die verharschten Eisstücke auf den Radwegen und die Menschen, die vor Klink und Waren auf der Müritz über das Eis wandern. Es ist Winter und deshalb sind wir mit unseren voll bepackten Rädern allein auf den perfekt ausgeschilderten Radwegen unterwegs.
Als wir den Startpunkt noch in Sichtweite haben, bricht ein Fußhaken und ein Teil der Gepäcktasche hält nur unwesentlich länger: der Kunststoff scheint auf diese Temperaturen nicht recht eingestellt zu sein.


Wir umfahren in diesem Jahr die Müritz Richtung Süden und radeln auf kleinen Strassen durch die Seelandschaft. Häufig sind es „Fahrradstrassen“, die speziell für die vielen Radler in dieser Region angelegt wurden. Im Sommer sicher ein Traum, im Winter versuchen wir in den Spurrillen der Autos das Gleichgewicht zu halten. Das gelingt mir nicht immer, da mein Vorderreifen nur sehr wenig Profil hat. Das ist gut für Touren auf der Strasse, aber von Nachteil auf Eis- und Schneepisten. So steige ich mehrfach unfreiwillig ab. Kurz vor dem Fehrlingsee diskutieren mein Freund und ich angeregt die Weltlage, als mein Vorderrad plötzlich bei recht hoher Geschwindigkeit wegrutscht. Ich springe über den Lenker, dass Rad fällt hin und ich laufe durch den Schnee neben dem Rad meines Freundes weiter, um den begonnenen Satz zu beenden. „Dazu hättest du aber nicht absteigen müssen“, ist die lässige Antwort. Die Halterung der Lenkertasche ist bei dieser Aktion leider gebrochen, aber das lässt sich provisorisch beheben.
Während es von Waren an Klink, Röbel und Buchholz in Richtung Schwarz langsam nach Osten geht, genießen wir die fast leeren Strassen und Wege. Selbst Autofahrer gibt es kaum in dieser Gegend und Jahreszeit.
Ursprünglich wollten wir nur die Eiszeitroute (www.eiszeitroute.com) entlang fahren, ein gut ausgeschilderter Fernradweg zu vorgeschichtlicher Thematik. Diese Strecke haben wir durch Teile der Seen-Radtour und später des Radfernwegs Berlin-Kopenhagen ergänzt.

Die erste Nacht verbringen wir unweit des Labussees. Wir finden einen Tisch und Bänke, neben denen sich hervorragend ein Zelt aufschlagen lässt. Bei diesen Temperaturen ist ein Lagerfeuer am Abend natürlich Pflicht und immer wieder freuen wir uns daran, wie relativ leicht es doch in Mecklenburg-Vorpommern ist, einen abgelegenen und schönen Zeltplatz zu finden. Es ist bereits unsere fünfte Wintertour in diesem Bundesland, und immer haben wir eine Übernachtungsmöglichkeit gefunden.
Nach einem kurzen Snack zum Frühstück radeln wir nach Fürstenberg. Dort erwartet uns so manche Prachtstrasse, die wir so nicht vermutet hätten. Am östlichen Ortsausgang besuchen wir das ehemalige Frauen-KZ Ravensbrück und besichtigen kurz die Ausstellung. Mittlerweile duften wir gut geräuchert und in warmen Räumen bricht uns leicht der Schweiß aus.
Auf dem Radfernweg Berlin-Kopenhagen geht es weiter. Es ist wirklich beeindruckend, wie dieser Radweg gepflegt wird und wie er angelegt wurde: Ein Großteil (95%) sind asphaltierte Strecke (unter dem Schnee) und an vielen Stellen war der Radweg vom Schnee beräumt! Während die schmale Strasse selbst für Autos kaum zu befahren ist, kam auf den Radwegen der Schneepflug zum Einsatz! Kaum zu glauben, aber das haben wir natürlich genossen. So fahren wir länger auf diesem herrlichen Weg, als eigentlich geplant. Bis südlich vor Templin führt uns unsere 95 km lange Etappe. Dort finden wir in der Dämmerung einen ausgezeichneten Lagerplatz.
Allerdings arbeiten wir nach dieser körperlichen Anstrengung satte 2 Stunden daran, ein Feuer in Gang zu bekommen. Wir denken an Verschwörung und versteckte Kameras, aber wir haben beide stundenlang damit zu tun, die erst aufgetauten, dann mit Wasser voll gesogenen und wieder gefrorenen Holzstücke in Flammen aufgehen zu lassen. Da helfen weder Brennspiritus noch der alte Trappertrick mit der Kerze. Unglaublich, das ist Waldbrandgefahrenstufe minus 10!
Nach ewigem Pusten und Fächeln brennt irgendwann ein Feuer. Im Anschluss gilt es zu kochen, das Zelt aufzubauen und sich etwas zu erholen. Wir sind froh, als wir gegen Mitternacht in unseren Schlafsäcken zusammengerollt einschlafen. Offensichtlich von Menschen des anderen Seeufers alarmierte Polizei kommt nachts um 2 Uhr vorbei, um zu schauen, dass der Wald nicht abbrennt, lässt uns aber ohne ein Wort weiterschlafen. Das Feuer haben wir natürlich vorher gelöscht, aber vermutlich haben die Ordnungshüter stundenlang gebraucht, um unseren Lagerplatz ausfindig zu machen.
Auf dem Weg von Templin über Boitzenburg in den Naturpark Feldberger Seenlandschaft können wir aufgrund von Nebel kaum etwas sehen. Wohl aber bemerken wir, das es hier recht hügelig zugeht. Leider verzieht sich der Nebel auch nicht, als wir weiter Richtung Westen nach Neustrelitz radeln. Dabei treffen wir immer wieder auf die Eiszeit- und Seenradweg-Route. Traumhafte Wege, die man ohne die entsprechende Ausschilderung nie finden würde. Wir radeln durch tief verschneite Wälder, an Seen vorbei auf Strecken, die kaum von Autos genutzt werden. Beste Radtouren-Bedingungen.
Am Tage sind es immer um die 0 Grad Celsius, nachts geht es auch mal bis - 8° C runter. Wir haben uns daran schnell gewöhnt und sind immer wieder erstaunt, wie anpassungsfähig der menschliche Organismus ist. Was nicht heißen soll, dass Reifenflicken unter diesen Bedingungen besonders Spaß macht. Aber als aus meinem Reifen die Luft entweicht, ahne ich, dass ich darum nicht herumkommen werde. Das Felgenband hat sich an einer Stelle durchgescheuert! So sitze ich neben der Strasse im Schnee und tausche den Schlauch aus.

Wir fahren noch fast um den Useriner See herum, als ein abermaliges spontanes Luftdefizit in meinem Hinterrad den Lagerplatz vorgibt. Es dämmert bereits, wir haben über 100 km auf unseren Mountainbikes zurückgelegt - da ist ein Plattfuss eine schöne Begründung für den Feierabend. Wieder erwarten entdecken wir einen Lagerplatz, wo bereits alte Holzreste auf die Verfeuerung warten. Diesmal haben wir mit Grillanzündern vorgesorgt, um nicht wieder stundenlang das Feuer bearbeiten zu müssen. Die gewonnene Zeit kann ich nutzen, meine beiden Schläuche zu reparieren.
Am nächsten Morgen scheinen selbst die Zeltstangen zusammen gefroren zu sein. Wir müssen die Stangen anhauchen, damit sie sich trennen lassen. Durch den Müritz Nationalpark fahren wir Richtung Waren zurück. Hier wählen wir ganz kleine Wege, auf denen wir über Eis fahren. Wunderschön. Das wir kurz vor Waren feststellen müssen, dass man Schläuche bei Minusgraden nicht wirklich langfristig flicken kann, tut der guten Stimmung keinen Abbruch. So genießen wir im Warener Yachthafen ein spätes Frühstück und schauen die dick eingepackten Touristen ermunternd an: Auch bei diesem Wetter lassen sich vorzügliche Radtouren unternehmen.

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