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Im Winter 2000 von Schwerin nach Rügen
Der Wind bestimmt den Ausgangspunkt
Starker Südwestwind läßt uns in Schwerin die Tour beginnen. Ursprünglich
wollten wir mit dem Zug an die Ostseeküste fahren, aber dieser ungewöhnlichen
Unterstützung können wir uns nicht versagen. Gewöhnlich dreht der Wind,
sobald ein Radfahrer ihn als Rückenwind nutzen möchte - diesmal wehte er
weiterhin kräftig aus Südwest - vermutlich, weil er im Februar nicht mit
Radfahrern rechnet...
Von Schwerin zum Kummerower See
Wir verlassen Schwerin Richtung Westen, fahren über kleine Orte wie Muchelwitz
nach Demen und weiter nach Dobbertin. Die Oberfläche der
Wege ist dabei sehr unterschiedlich und reicht von Feldwegen bis zu kürzlich
erneuerten Schwarzdecken. Mit unseren Mountainbikes haben wir auch bei den
Feldwegen keine Probleme, obwohl die sie zum Teil durch viel Regen der vergangenen
Tage und Wochen aufgeweicht sind.
Nach Dobbertin radeln wir am Rande des Naturparks Schwinzer Heide
durch schöne Waldgebiete und legen hier die erste Rast ein. Der Wind hat
uns dermaßen unterstützt, daß wir vorher einfach nicht anhalten wollten.
Aber er bleibt uns auch weiter Treu. Hinter Dobbertin stoßen wir auf Radtourwegweiser,
die uns schon durch Radtouren bekannt sind. Bei www.Mvweb.de gibt es für
diese Region besonders viele Touren im Angebot. Über Kirch Kogel
kommen wir nach Krakow am See. Bei blauem Himmel und Temperaturen
um 5° C genießen wir den Ausblick auf den Krakower See, die herrliche Uferpromenade
mit den zahlreichen Fachwerkbauten.
Weiter führt die Strecke nach Malchin. Dafür suchen wir uns kleine
Wander- und Feldwege, die manchmal nur schwer zu entdecken sind. Allerdings
lohnt sich die Fahrt auf diesen Wegen, weil sie autofrei sind. Gerade auf
diesem Abschnitt sind die breiten Stollenreifen der Mountainbikes allerdings
bitter nötig, weil die Wege der schwierig zu fahren sind. Große Pfützen
und Spuren von Traktoren lassen uns langsamer als bisher voran kommen.
Wir überqueren die B 108 und fahren nördlich des Malchiner Sees an
der Uferstraße entlang. Hier treffen wir auch auf alte Plattenwege, die
uns so richtig durchschütteln. Wir biegen rechts ab, überqueren den Dahmer
Kanal und fahren nach Malchin hinein. Ein Ort mit diversen alten Bauwerken,
für die wir aber gerade kein Auge haben: Wir besorgen uns Trinkwasser und
fahren weiter in Richtung Kummerower See. Die Sonne beginnt unterzugehen,
und wir brauchen noch einen Zeltplatz.
Südlich des Kummerower Sees gibt es zwei offizielle Zeltplätze. Vermutlich
sind sie im Winter nicht geöffnet, aber wir wollen ohnehin wild zelten.
Das wird in dieser Gegend schwer, da der rechte Straßenrand von einem militärischen
Sperrgebiet gesäumt wird. Letztendlich finden wir ein kleines Plätzchen
am See und bauen unser Zelt auf.
Der Nachtfrost läßt die Felder in der gleißenden Sonne wunderschön leuchten:
Wir scheinen Glück mit dem Wetter zu haben. Nicht nur blauer Himmel, sondern
auch weiterhin Rückenwind. Traumhaft.
Wir
radeln nach Demmin und kaufen für das Frühstück ein. Um Richtung
Stralsund nicht die Hauptstrasse nehmen zu müssen, fahren wir nach
Seedorf und wollen weiter durch den Wald. Allerdings gibt es keinen brauchbaren
Weg nach Norden. Entweder geraten wir in Sackgassen oder an Stacheldrahtzäunen
von Firmen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zur Hauptstrasse zurückzukehren.
Und während vor Demmin noch ein Radweg die Sicherheit erhöht, gibt
es zwischen Demmin und Stralsund leider keinen. Einige Bauansätze sind
da, vielleicht also schon einige fertige Abschnitte im Sommer 2000, aber
das hilft uns im Moment auch nicht weiter.
Landschaftlich ist dieser Abschnitt nicht sehr reizvoll, der starke Rückenwind
und der blaue Himmel machen aber auch diese Strecke erträglich.
12 Kilometer vor Stralsund biegen wir rechts ab, fahren wieder durch kleinere
Dörfer. Im Ort selbst füllen wir unsere Wasserflaschen auf, radeln über
den Rügendamm und biegen gleich rechts auf einen der ausgeschilderten
Radwege ab.
Regen vertreibt uns vom Lagerfeuer, dafür bleibt die Nacht Frost frei.
Am nächsten Morgen noch etwas Hagel, und schon haben wir wieder einen
blauen Himmel, der uns die Schönheit Rügens erleben läßt. Traumhafte
kleine Orte, viele reetgedeckte Häuser und meist gut ausgebaute Radwege:
Was will das Radlerherz mehr? Ein kleiner Wehrmutstropfen sind die durch
die Stürme der vergangenen Tage verdrehten Hinweisschilder, die uns manchmal
verwirren.
Über Putbus (hier gibt es eine Tankstelle, die einzige Einkaufsmöglichkeit
zu dieser Jahreszeit am Sonntag) erreichen wir Groß Stresow. Dieser
Ort verschlägt uns geradezu die Sprache. Ein wirklich idyllisch gelegenes
Dorf mit schönen Häusern und Anlagen.
Über die Seebrücke von Seedorf kommen wir in das Ostseebad Sellin.
Die Seebrücke vor blauem Winterhimmel ist unbeschreiblich schön. Ein Vorteil
sind die wenigen Besucher - im Sommer werden hier sehr viele Urlauber
sein.
Von Sellin nach Binz gibt es einen Wanderweg, der für Radfahrer
nicht zugelassen ist. Ein wirklich schöner Single-Trail, wo man natürlich
auch schieben kann, um die Ausblicke auf die Küstenlinie Rügens trotz
Radverbots genießen zu können.
In Binz gönnen wir uns an der langen Seebrücke eine Bratwurst, bevor wir
ein wenig durch die Straßen dieses traditionsreichen Ostseebades fahren.
Ein Abstecher nach Prora darf nicht fehlen. Dieses zwischen 1937
und '39 erbaute, 4,5 km lange Bauwerk ist wirklich beeindruckend. Wenn
auch nicht schön...
Nach einer stürmischen Nacht (der Wind läßt einfach nicht nach) wollen
wir nach Kap Arkona fahren, aber der starke Westwind läßt das nicht
zu. Also genießen wir am letzten Tag den kleinsten Nationalpark Deutschlands,
den Nationalpark Jasmund.
Der wanderweg ist hier nicht zu empfehlen, da die Räder über sehr viele
Stufen zu tragen wären. Es gibt aber einen (mäßig) ausgeschilderten Radweg,
der zum Königsstuhl und weiter nach Sassnitz führt. Den
Nationalpark sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen - die Klippen
sind weltberühmt und wunderschön, besonders, wenn sie von der Sonne angestrahlt
werden. Nicht umsonst ist Caspar David Friedrich mit seinem Bild von den
Wissower Klinken weltberühmt geworden.
Für uns endet die Wintertour in diesem Jahr in Sassnitz. Hier steigen
wir in die Bahn und fahren zurück nach Schwerin. Der fast ständige
Rückenwind und das traumhafte Wetter haben uns eine schöne Radtour in
Mecklenburg-Vorpommern erleben lassen. Ein heißer Tip für Radtourer -
es muß ja nicht im Winter sein...
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